Rede zum 8. Mai 2022
Einführende Rede von Bernhard Damm zum 8. Mai 2022
Die folgende Rede wurde von Bernhard Damm am Kriegerdenkmal Lippramsdorf bei der Gedenkfeier aus Anlass des Tages der Befreiung am 8.Mai gehalten.
Mehr lesen
“Redemanuskript – Gedenken 8. Mai
Willy Brandt sagte 1970:
“Nach fast 6 Kriegsjahren schwiegen in Europa endlich die Waffen. Der von Hitler begonnene Krieg forderte das Opfer von Millionen Menschen, von Kindern, Frauen und Männern, von Gefangenen und von Soldaten vieler Nationen. Wir gedenken ihrer aller in Ehrfurcht. Das Leid, das ihr Sterben mit sich brachte, und die Leiden, die der Krieg zur Folge hatte, mahnen uns, die Lehren der Vergangenheit nicht zu vergessen und in der Sicherung des Friedens das oberste Ziel unseres politischen Handelns zu sehen” (Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung durch den Bundeskanzler Willy Brandt: Plenarprotokoll des Deutsches Bundestages, 51. Sitzung, Bonn, den 8. Mai 1970, S. 2564).
Walter Scheel (1975):
„Wir wurden von einem furchtbaren Joch befreit, von Krieg, Mord, Knechtschaft und Barbarei, und wir atmeten auf, als dann das Ende da war“ (W. Scheel; zitiert nach: Korte, Karl-Rudolf (2019): Gesichter der Macht. Über die Gestaltungspotenziale der Bundespräsidenten. Frankfurt: Campus, S. 171).
Scheel spricht von 55 Mill. Opfern/Toten. Ihre Gesamtzahl lässt sich nur schätzen. Für die durch direkte Kriegseinwirkung Getöteten werden Schätzungen von 60 bis 65 Millionen angegeben. Die Schätzungen, die Verbrechen und Kriegsfolgen einbeziehen, reichen bis zu 80 Millionen (https://de.wikipedia.org/wiki/Tote_des_Zweiten_Weltkrieges).
Richard von Weizsäcker 1985:
„Und dennoch wurde von Tag zu Tag klarer, was es heute für uns alle gemeinsam zu sagen gilt: Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung. Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.
Niemand wird um dieser Befreiung willen vergessen, welche schweren Leiden für viele Menschen mit dem 8. Mai erst begannen und danach folgten. Aber wir dürfen nicht im Ende des Krieges die Ursache für Flucht, Vertreibung und Unfreiheit sehen. Sie liegt vielmehr in seinem Anfang und im Beginn jener Gewaltherrschaft, die zum Krieg führte.
Wir dürfen den 8. Mai 1945 nicht vom 30. Januar 1933 trennen.“ (Weizsäcker, Richard von (2015): Weizsäcker-Rede zum Kriegsende im Wortlaut – “Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung”, https://www.tagesschau.de/inland/rede-vonweizsaecker-wortlaut-101.html).
Was könnten wir heute wissen?
- Dass Frieden in diesem Fall nur durch die massive militärische Niederlage des Aggressors möglich war. Nur die Kapitulation brachte Befreiung, Zu den Befreiern gehörten Amerikaner, Russen, Ukrainer, Engländer, Franzosen. Belgier, Niederländer uvm.
- Dass Frieden ein Gut ist, für den man einen Preis bezahlen muss.
- Dass ohne behutsame und Sicherheit schützende Politik kein Frieden gewahrt wird.
- Dass Frieden und Sicherheit nicht nur militärisch gedacht werden dürfen, aber ohne Militär wohl nicht zu wahren sind.
- Dass Pazifismus die Bereitschaft bedeutet, selbst eher Leid in Kauf zu nehmen als es anderen zuzufügen. Es bedeutet nicht, diese Haltung anderen abzuverlangen. (Habeck nennt das Vulgärpazifismus. Münkler spricht in dem Zusammenhang von Unterwerfungspazifismus)
- Dass Frieden immer gewollt werde sollte und Krieg in keiner Weise und zu keiner Zeit verherrlicht werden darf. Deshalb haben wir die Granaten durch Rosen ersetzt. Wir sehen hier zwei Soldaten, die in keiner Weise den Eindruck von Friedensliebe erwecken, so dass man hier nicht von einem würdigen Ort der Friedenssuche sprechen kann.
Heute wissen wir vieles nicht. Die Wahrheit ist flüchtig. Das Leid vieler Menschen ist es nicht.
Vielleicht sind wir in dem Dilemma, den Angegriffenen und unterdrückten Menschen beistehen zu müssen/ zu wollen und gleichzeitig die totale Selbstgefährdung nicht riskieren zu wollen/ dürfen. Das ist der Preis der möglichen atomaren Eskalation.
Dass wir Angst haben können vor dem einen und Angst haben können vor dem anderen, sollten wir uns unbedingt gegenseitig zugestehen.”
Weniger lesen