Lernen in Ausschüssen des Stadtrates zum Denkmal Lippramsdorf – Beharrung auf den Status Quo

Rosen statt Handgranaten

Ein kurzer Bericht über die Sitzung des  Schul-, Sport- und Kulturausschusses (SSKA) am 05.03.2024

(Die Anträge, Protokolle etc. der Sitzung vom 5.3.24 sind hier nachzulesen.)

2021

2021 war sich der SSKA des Rates der Stadt Haltern am See einig:

“Im Rahmen der nachfolgenden ausführlichen Diskussion waren sich die Sprecher aller Fraktionen einig, dass dieses Mahnmal in seiner äußeren Gestaltung absolut nicht mehr zeitgemäß sei.
Dennoch sei es aber in seiner Funktion als Stätte des Lernens und der Information zur Geschichte des Nationalsozialismus, als Mahnmal gegen die Sinnlosigkeit von Kriegen, aber auch Gedenkstätte und Ort der Trauer für die Hinterbliebenen wichtig und unverzichtbar. Ein Abriss sei daher keine denkbare Option. Dieser Ort müsse aber zukünftig verstärkt in den Fokus genommen und durch verschiedene Aktionsformen zu einem wirklichen Mahnmal und Lernort werden und hierdurch mit Leben erfüllt werden.” (Protokoll der 2. Sitzung des Schul-, Sport- und Kulturausschusses, 01.06.2021; Beschluss zu Top 9: Mahnmal in Lippramsdorf–‘Schande oder Lernort’? hier: Antrag der Fraktion Bündnis`90 / Die Grünen vom 17.5.2021).

2024

Die Grünen hatten für die Sitzung am 5.3.24 eine Aussprache beantragt:

“Wir beantragen für die kommende Ausschuss-Sitzung am 05.03.2024 eine erneute
Aussprache mit dem Ziel, dieser oben dargestellten „Selbstverpflichtung“ Rechnung zu
tragen und Ideen und Maßnahmen zu einem zeitgemäßen Umgang mit dem Mahnmal
zusammen zu stellen. Dabei sollten folgende Punkte thematisiert werden:

– „Das Mahnmal als Lernort“ – Einbeziehung in den Sachunterricht, Geschichtsunterricht und/oder Kunstunterricht der Haltener Schulen

– „Verschiedene Aktionsformen am Ort des Mahnmals“: Veranstaltungen der
Arbeitsgruppe „Denk.Mal“1 zum 8. Mai; mögliche Aktivitäten anderer Gruppierungen, die sich auch mit der äußeren Gestaltung und der damit verbundenen Aussage kritisch auseinandersetzen bzw. den historischen Kontext einbeziehen

– „Äußere Gestaltung absolut nicht mehr zeitgemäß“: Anregungen/Vorschläge zur Um- oder ergänzenden Gestaltung des Mahnmals” (…)

Wir halten es für dringend geboten, dieses unliebsame Erbe in Lippramsdorf „verstärkt in
den Fokus“ zu nehmen – so wie wir es in der SSKA-Sitzung am 17.5.2021 vereinbart haben – und das Mahnmal zu einer „Stätte des Lernens und der Information zur Geschichte des
Nationalsozialismus“ zu gestalten und zu nutzen. Die einmal jährlich stattfindende
Gedenkveranstaltung zum Volkstrauertag kann allein diesen Anspruch u.E. nicht erfüllen.”

Magdalene Meier von den Grünen begründete den Antrag; der vollständige Text ihrer Begründung bzw. Stellungnahme ist hier nachzulesen. Frau Meier wies auch auf die Gefahr hin, dass ein Ort mit einer solchen Soldatenskulptur zu einem Treffpunkt  von Rechtsextremen werden könnte.1Wie z.B. am 19. November 2023 in Petershagen-Seelenfeld; dort posierten Rechtsextreme der “Jungen Nationalisten” vor dem Kriegerdenkmal. Dem Verfassungsschutz war dieses  “Heldengedenken” bekannt, s.a. Mindener Tageblatt v.12.12.2023: “Nazis in Petershagen: Rechtsextreme posieren am Volkstrauertag vor Seelenfelder Kriegerdenkmal” (leider hinter der Bezahlschranke); hier wiedergegeben nach der Webseite  http://www.hiergeblieben.de

Da der Beschluss den künftigen Umgang der Mehrheit des Stadtrates zumindest prägen dürfte, sei er hier zitiert:

“zu TOP 8: DS-Nr.: –

Mahnmal in Lippramsdorf
hier: Antrag der Fraktion Bündnis`90/Die Grünen vom 20.02.2024

AM5 Ausschussmitglied Frau Meier führte umfassend zum Antrag der Fraktion Bündnis`90/Die Grünen aus, dass den in der SSKA-Sitzung im Jahr 2021 festgelegten Verpflichtungen bis heute nicht nachgekommen worden sei. Insbesondere erwähnte sie, dass das Mahnmal weder als Lernort für Halterner Schulen noch für verschiedene Aktionsformen aufgesucht worden sei. Außerdem bekräftigte sie erneut, dass die äußere Gestaltung absolut nicht mehr zeitgemäß sei.

AM Herr Wiengarten erklärte dazu, dass die Lippramsdorfer nun schon über 100 Jahre mit dem Mahnmal lebten. Weder an den Volkstrauertagen, wenn dort der Toten gedacht werde und er mit den Bürgern ins Gespräch komme, noch sonst habe er negative Worte über das Mahnmal gehört. Grundsätzlich sei er der Ansicht, dass man sich nicht in die Unterrichtsgestaltung einmischen solle, gleichwohl unterstütze er aber den Appell „Mahnmal als Lernort“.

AM Vierhaus machte den Vorschlag, eventuell dort einen QR-Code anzubringen, um so mehr über das Mahnmal zu erfahren. Man dürfe auch nicht vergessen, dass die Namen an diesem Mahnmal für die Angehörigen ein Ort des Gedenkens seien und ein Ersatz für ein Grab auf dem Friedhof darstellten. Daher lehne er eine Umgestaltung des Mahnmals ab.

AV Herr Schrief erinnerte daran, dass in der Sitzung im Jahr 2021 das Mahnmal als unverzichtbar beschlossen worden sei. Er machte weiter darauf aufmerksam, dass der Ausschuss für außerschulische Angelegenheiten zuständig sei und dass es anmaßend sei, wenn sich der Ausschuss in innerschulische Angelegenheiten einmischen wolle.

AM Frau Meier erklärte abschließend, dass es nicht darum gehe, Vorschriften dahingehend zu machen oder die Veranstaltung zum Volkstrauertag herabzuwürdigen.

AV Herr Schrief beendete danach die Aussprache.” (https://haltern.gremien.info/meeting.php?id=ni_2024-SSK-59)

Keine Einigkeit mehr

Während sich 2021 “die Sprecher aller Fraktionen einig (waren), dass dieses Mahnmal in seiner äußeren Gestaltung absolut nicht mehr zeitgemäß sei”, war diese Einigkeit 2024 nicht mehr gegeben. Außer den Grünen  sind die Fraktionen des Stadtrates offenbar nicht bereit, das Denkmal “zukünftig verstärkt in den Fokus” zu nehmen und “durch verschiedene Aktionsformen zu einem wirklichen Mahnmal und Lernort werden” zu lassen.  Warum sich die Position von 2021 hin zu einer Beharrung auf den Status Quo  verschoben hat, ist schwer zu verstehen.

  • 1
    Wie z.B. am 19. November 2023 in Petershagen-Seelenfeld; dort posierten Rechtsextreme der “Jungen Nationalisten” vor dem Kriegerdenkmal. Dem Verfassungsschutz war dieses  “Heldengedenken” bekannt, s.a. Mindener Tageblatt v.12.12.2023: “Nazis in Petershagen: Rechtsextreme posieren am Volkstrauertag vor Seelenfelder Kriegerdenkmal” (leider hinter der Bezahlschranke); hier wiedergegeben nach der Webseite  http://www.hiergeblieben.de
  • 2
    Man muss leider runterblättern, da ein direkter Link auf die jeweiligen Dokumente im Ratsinformationssystem bei mir nicht funktioniert.
  • 3
    Magdalene Meier hat mir erlaubt, den Text zu verwenden. Danke.
  • 4
    Man kann darüber streiten, ob es sich um einen Beschluss handelt oder eher um eine Zusammenfassung der Diskussion im Form eines Protokolls.
  • 5
    Ausschussmitglied

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