Anmerkungen zur Auseinandersetzung um das „Denkmal“ in Lippramsdorf

Beitrag von Bernhard Damm

Die Diskussion in der  12. Sitzung des Schul-, Sport- und Kulturausschusses (SSKA) des Stadtrates am 5.3.2024; siehe dazu Tagesordnungspunkt 8: Mahnmal in Lippramsdorf, hier: Antrag der Fraktion Bündnis`90/Die Grünen vom 20.02.2024) hat wesentliche Aspekte nicht berührt:

  • Dass es nicht um den unteren Teil des Denkmals geht.
  • Dass es nicht darum geht, den Lippramsdorfern vorschreiben zu wollen, wo sie „Ihrer“ Toten gedenken.
  • Dass es nicht darum geht, einen Gedenkort aufzugeben oder den unteren Teil des Denkmals auch abzureißen (wie bei den „Brückenbauern“ angemerkt wurde).

Es geht (u.a.) um die Frage, ob eine Veranstaltung in der Entscheidungsverantwortung der Stadt und damit des Stadtrats aus Anlass des Volkstrauertages (s.u.) dort stattfinden soll. Diese Veranstaltung hat eine Veränderung in den letzten 30 Jahren erlebt.1Der Volksbund versteht diesen Gedenktag auch mit zunehmendem Abstand vom Krieg als einen Tag der Trauer. Der Volkstrauertag ist aber auch zu einem Tag der Mahnung zu Versöhnung, Verständigung und Frieden geworden. So finden um die Zentrale Gedenkstunde in Berlin, aber auch an vielen weiteren Orten bundesweit begleitende Diskussions- und Bildungsangebote statt, die historische Themen, einzelne Biographien oder Fragen nach Trauer und den Folgen von Kriegserfahrungen in eine breitere Öffentlichkeit tragen. Traditionelle Gedenkformen werden dabei durch neue interaktive Formate wie Gedenkspaziergänge, Friedenssteine oder Namensziegel ergänzt. (Siehe https://gedenkportal.volksbund.de/gedenktage/geschichte-des-volkstrauertages).

Die ist nicht mehr als reines Totengedenken der “gefallenen“ Soldaten zu organisieren. Sondern als ein würdiges Gedenken aller Opfer und Toten der Nationalsozialisten-Herrschaft und aller Kriege. Ob eine solche Veranstaltung, die also aller Opfer gedenkt, an diesem Ort mit dieser Figurengruppe gut zu gestalten ist, muss und kann man nicht in Lippramsdorf entscheiden, sondern allein im Stadtrat. Darum sollte es gehen, wenn wir in die Auseinandersetzung gehen.

Und noch eine Anmerkung:

Die Diskussion zeugt von einer ungewöhnlichen Idee, was denn ein „Lernort“ sein kann.

Wenn ein Lernort nur dann ein Lernort ist, wenn LehrerInnen mit SchülerInnen dorthin gehen, damit die LehrerInnen den SchülerInnen etwas lehren, dann hat man natürlich das Problem, dass man den Schulen etwas vorschreiben wollte, was sie offensichtlich selbst gar nicht als lernrelevant sehen (Antonia Strotmann: “Umstrittenes Mahnmal in Lippramsdorf So gehen Halterns Schulen damit um”, Halterner Zeitung v. 12.03.2024).

Wenn man allerdings einen Lernort so verstehen könnte, dass man dort – wenn man denn wollte – etwas lernen könnte dadurch, dass es an dem Ort Angebote gibt, eine auch neue, andere Sicht auf die Dinge haben zu können, wie die zur Entstehungszeit, dann müsste weder der untere Teil des Denkmals weg noch der obere Teil. Es bräuchte eine Ergänzung.

Als Beispiel könnte dazu die Ergänzung, Distanzierung, neue Wertung des Denkmals in der Sixtuskirche dienen (vorne links in der Kirche; man muss wirklich ziemlich weit hinein in die Kirche, um das sehen und würdigen zu können!)

Zur Erinnerung aus dem Brief der Arbeitsgruppe an die Kirchen

„Wenn die Gedenkfeier am Volkstrauertag wesentlich dazu dient, neben der Erinnerung an die Toten und die Opfer auch das Bewusstsein wach zu halten, alle Kräfte darauf zu verwenden, Frieden zu halten, zu suchen und wo immer möglich zu fördern, dann stellt sich die Frage, ob die Gestaltung des Denkmals dafür noch den passenden Ausdruck zeigt. Unserer Meinung nach ist das nicht der Fall.

Der Geist der Darstellung, der unzweifelhaft zu einer aggressiven, gewaltsamen Haltung aufruft, die nicht als Verteidigungsbereitschaft gedeutet werden kann, mahnt nicht zu Versöhnung, Friedenbereitschaft und zeigt auch keinerlei Schuldbewusstsein, den Opfern und den vielen unschuldig Verfolgten gegenüber.

Das Denkmal ist Ausdruck einer eindeutigen Ideologie, die heute weitgehend überwunden sein sollte. Das Denkmal ist ausdrücklich auf Wunsch der damaligen politischen Mehrheit entstanden. Die mittlerweile erfolgten kleinen Erweiterungen können den Eindruck nicht ändern.

Das Denkmal kann nur dann eine mahnende Wirkung entfalten und zum Ort friedlichen Gedenkens erweitert werden, wenn durch eine klare, gezielte Erweiterung oder künstlerische Intervention der Charakter dem neuen Gedenkzielen angepasst wird.” (Der vollständige Brieftext kann hier heruntergeladen werden.)

Siehe dazu auch:

  • 1
    Der Volksbund versteht diesen Gedenktag auch mit zunehmendem Abstand vom Krieg als einen Tag der Trauer. Der Volkstrauertag ist aber auch zu einem Tag der Mahnung zu Versöhnung, Verständigung und Frieden geworden. So finden um die Zentrale Gedenkstunde in Berlin, aber auch an vielen weiteren Orten bundesweit begleitende Diskussions- und Bildungsangebote statt, die historische Themen, einzelne Biographien oder Fragen nach Trauer und den Folgen von Kriegserfahrungen in eine breitere Öffentlichkeit tragen. Traditionelle Gedenkformen werden dabei durch neue interaktive Formate wie Gedenkspaziergänge, Friedenssteine oder Namensziegel ergänzt. (Siehe https://gedenkportal.volksbund.de/gedenktage/geschichte-des-volkstrauertages).

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